01.02.2009

Auto als Statussymbol?!

In meinen bisherigen Posts habe ich mich meist um die Fahrweise und Straßenverhältnisse auf bulgarischen Asphaltwegen ausgelassen. Nun dachte ich, wäre Zeit es auf die Sozio-kulturellen Aspekte des Kraftverkehrs einzugehen. 

Auto als Statussymbol
Vorweg, Bulgaren sind ein Autovernarrtes Land. Individuelle Mobilität ist ein Ausdruck persönlicher Freiheit, Modernität und Prestige. Besser als durch ein hübsch eingerichtetes Zuhause, lässt sich am fahrbaren Untersatz der Umwelt seinen sozialen Status demonstrieren. Wie lässt sich der gesellschaftliche Stellenwert des Autos besser einordnen, als durch die neu gebaute Flanierstraße am Strand von Varna?! Auf mehreren Kilometern wurden direkt am Meer Straßen und endlose Reihen an Parkplätzen angelegt, aber auf Bürgersteige oder gar Promenade gänzlich verzichtet. Um verirrte Spaziergänge vor dem vorbei rasenden Verkehr ein Minimum an Schutz zu gewähren, wurden Bodenschwellen eingebaut, hier auch "liegender Polizist" genannt. Überhaupt steht es um Bürgersteige und Fahrradwegen noch schlimmer als um Straßen. Vieler Orts ziehen es die Leute auf der Straße mit dem Verkehr zu laufen, als auf dem Troittoir, selbst junge Mütter mit Kinderwagen. 

Am Auto spart der Bulgare zuletzt
An allem spart der Bulgare, außer am Auto. So sieht man nicht selten auch vor zerbröckelten Plattenbauten Wagen der gehobenen Preisklasse stehen. Da wird dann auf Omas Häuschen eine Hypothek aufgenommen, um sich ein Auto eines deutschen Premiumherstellers zuzulegen. Da fließt die komplette Wirtschaftskraft einer Familie in das Auto. Aus bulgarischer Sicht keine schlechte Investition. Man kann sich neidischen Blicken der Nachbarschaft und am Arbeitsplatz gewiß sein. Vor dem In-Chalga-Club werden einem direkt vor dem Eingang Parkplätze freigehalten und auch der Tankwart gibt sich freilich mehr Mühe, um verdreckte Scheiben und Scheinwerfer zu reinigen.  

Gefahren für das Auto
Aus Ausländersicht ist die Sache nicht ganz so klar. Sicher, auch wir Expats fahren gerne schöne und schnelle Autos, aber bulgarische Fernstraßen sind nicht für hohe Geschwindigkeiten ausgelegt, unzählige Schlaglöcher eine Herausforderung an Mensch und Material und die Innenstädte oftmals sehr eng und verwinkelt. Parkplätze sind Mangelware und die Gefahr von Parkremplern, herabfallenden Gebäudeteilen oder rachsüchtigen Zeitgenossen Kratzer und Beulen im Lack davonzutragen sind hoch. 

Kratzer im Lack
Erst kürzlich mussten wir das am eigenen Auto erfahren. Vor einigen Tagen entdeckte Dessy auf Fahrerseite mehrere mit dem Schlüssel eingravierte Strichmuster. Mein Verdacht fiel gleich auf einen BMW-Fahrer, der sich dreister weise auf unseren Parkplatz gestellt hatte. Dessy hat ihn dann, auf Zuraten von Krassi, zugeparkt. Sie wollte die Sache eigentlich nicht weiter eskalieren. Wie auch immer, er ist auch so herausgekommen, es könnte aber sein, dass er sich dadurch provoziert gefühlt haben könnte und seinem Ärger im Lack hinterlassen hat. Zum Glück wird unser Parkplatz Video-überwacht, die Aufnahmen haben wir aber noch nicht einsehen können. Ansonsten gibt es keine konkreteren Verdachtsmomente, außer vor Neid zerfressende Vandalen. Es war aber nicht das erste Mal, bereits in der alten Wohnung hat jemand einen Strich auf den Lack gezogen. Der könnte von dem Lenkrad eines Kinderfahrrades stammen, die in Frage kommende Familie wurde auch zur Rede gestellt, stritt aber jede Schuld ab. Auf Dessys Firmenparkplatz hat jemand mal einen Kaugummi auf die Fahrertür hinterlassen. Kratzer mit dem Schlüssel sind aber eine neue Qualität.

Verdrehte Scheibenwischer
Eine ähnliche Erfahrung musste auch Dessys Vater vor gut einem Monat in der Tiefgarage der Sofioter Wohnung erleben. Da sein Stellplatz durch unseren Rav besetzt war, den wir während unseres Deutschlandaufenthaltes dort abgestellt hatte, suchte er sich einen anderen Platz aus, der nicht explizit als Parkfläche ausgewiesen ist, aber auch keinen behinderte. Solch eigenmächtiges Verhalten hat wohl irgendjemanden wieder mal provoziert und dazu motiviert, den Scheibenwischer des Skoda Oktavias dermaßen zu verbiegen, das er nicht mehr funktionierte.

Beschädigungen gegen Autos haben Tradition
Eine zeitlang war es in Mafia-Kreisen beliebt, Konkurrenten oder säumigen Zahlern, Spitzhacken in das Auto zu rammen, sozusagen als Warnung. Das Auto muss stellvertretend leiden und mit ihm der Halter.

Pozdravi
Ivan


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