Ich habe das Gefühl, dass Religion in Bulgairen vor allem auch eine identitätsstiftende Funktion ausfüllt. Man ist Bulgare und Orthodox. Nicht zuletzt den Klöstern fällt eine wichtige Rolle zur Bewahrung der bulgarischen Kultur während den langen Besatzungszeiten zu. Vor kurzem habe ich gelesen, dass das Rila Kloster sogar die Bibliothek der amerikanischen Schule in Sofia während des Kommunismus versteckt hat. Insofern würden 90% der Bulgaren behaupten, dass sie gläubig sind, aber vielleicht nicht regelmäßig zum Gottesdienst gehen.
Warum auch, man kann sich schließlich auch einen Priester nach Hause bestellen, der einem die neue Wohnung segnet. So wie wir gestern. Ein Service, der uns Westeuropäern etwas fremd erscheint.
Dafür wird eine Tisch gedeckt mit Brot, einer Flasche Wein (für das Abendmahl), Früchten, vielen Kerzen und einem kleinen Blumenstrauß. Es werden Gebete gesprochen und aus der Bibel rezitiert. Dann müssen die Bewohner die rechte Hand übereinander legen, darauf wird ein Kreuz gelegt und der Segen gesprochen. Ich dachte einen kurzen Moment, ob er uns nicht auch gleich noch verheiratet. Aber die Ringe fehlten. Danach geht der Priester zu jedem einzelnen hin, besprenkelt den Kopf mit Weihwasser und man küsst das Kreuz. Übrigens bekreuzigt man sich mit recht ausladender Bewegung und von rechts nach links (Stirn, Brust, rechte Schulter, linke Schulter), also umgekehrt als in der katholischen Kirche. Dann wird das Abendmahl zelebriert, mit Wein und Brot. Anschließend geht man durch die Wohnräume, der Priester verteilt mit dem Blumenstrauß Weihwasser und spricht die Trinität (Gott- Vater, Gott-Sohn und Gott-Heiliger Geist). Mit einem Öl pinselt er Kreuze an die Türrahmen jedes Raumes. Sind alle Räume (und Balkon) durch, so geht man ins Wohnzimmer zurück und der Priester wünscht einem noch alles Gute für das weitere Leben.
Pozdravi
Ivan
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