15.08.2008

Da be da

was sich anhört wie Babysprache heißt nichts anderes als "ja, man, ja" oder besser "aber ja doch". Dieses "be" wird gerne am Ende von Sätzen oder Ausrufen  gesetzt. Sehr beliebt ist auch "stiga be" und heißt "hör auf, man!" Be ist so was wie ein Verstärker, hat aber keine eigene Bedeutung, oder semantischen Gehalt, wie der Linguist sagen würde. Ich übersetze es daher mit "man", wobei das man sehr wohl was bedeutet. Ähnlich gilt für "a mi" was am Satzanfang gesetzt wird. Es hat die Funktion vom englischen "well" und gibt dem Sprecher eine Denksekunde, bevor man den Satz ausführt.  

Ich sage immer, eine neue Sprache lernen, ist wie eine neue Welt entdecken. Zum Sprachenerwerb gehört selbstverständlich das Erlernen der Grammatik und des Vokabulars. Aber zur Verständigung gehört das gesamte Repertoire an non-verbalen und, wie soll man sagen, neben-Vokabular, wie "be" und "ami". 
Über das vom Rest der Welt abweichende Kopfschütteln für Zustimmung und Ablehnung habe ich bereits geschrieben Mittlerweile habe ich die bulgarische Variante übernommen, allerdings nicht konsequent, was manchmal Verwirrung stiftet. Eine weitere bulgarische Spezialität ist das Runterziehen der Mundwinkel beim Reden. Was woanders vielleicht als eine missmutiger oder skeptischer Gesichtsausdruck gelten würde, ist hier auch normalen und heiteren Kontexten anzutreffen. Aber auch das habe ich bereits übernommen. Angie Merkel würde sich jeden Falls hier wohl fühlen.  Genauso wie einige Handbewegungen wie mit der hoch gestreckten Hand mehrmals vor und zurück wedeln. Dies drückt aus, wenn etwas schwierig erscheint oder man skeptisch einer Sache gegenüber steht. 
Wenn Ausländer das erste Mal nach Bulgarien kommen, sagen Sie gerne: "Ja, schon nett die Leute hier, aber ein wenig unhöflich..." Das muss nicht nur an mangelnder Kinderstube liegen (aber auch), sondern kann auch einfach mit dem slavischen Sprachgebrauch zusammenhängen. Ein Beispiel aus eigenem Erleben. Als wir das Auto zur Versicherung gebracht haben, wollte die Angestellte der Versicherung Fotos des Wagens inkl. der Schlüssel auf der Motorhaube machen. Sie kam dann Richtung Fahrertür und bellte mir ein "dai mi glutsch", wortwörtlich "gib mir Schlüssel" entgegen. Kein Bitte, kein Konjunktiv, ich musste erstmal lachen. Mittlerweile habe ich aber gelernt damit umzugehen, dass hier der Sprachgebrauch auf solche Förmlichkeiten verzichtet. Gespräche am Telefon werden gerne kurz und bündig mit einem "okhajdechao" beendet, Brot mit "dai mi chleb" geordert und auch sonst Worte nur sparsam eingesetzt. Muss aber daran denken, mich wieder umzustellen, wenn ich in Deutschland bin. 

Pozdravi
Ivan

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hi, Ivan! Mangelnde Erziehung kann man mit der anderen Kultur nicht erklären. Sorry hier liegst Du falsch. "Dai mi chleb" ist von Bulgaren zu Bulgaren gesagt ebenso unhöfflich, wie von Bulgaren zu Ausländern.
Nur zur Info :)