Früher hieß es, hast du einen Opa, schick ihn nach Europa. In Bulgarien könnte man auch leicht abgewandelt sagen: Hast du eine Mafia, schick sie nach Europa. Europawahlen erfreuen sich auch in Bulgarien nicht an allzu großem Zuspruch. Letzten Umfragen zu Folge gaben 34% der Wahlberechtigten an, Ihre Stimmte abzugeben, während 14% entschlossen waren, dem Urnengang fern zu bleiben. Nun kann man das bedauern, aber auch in anderen Ländern sieht es nicht viel besser aus. Eine Personengruppe in Bulgarien interessiert sich hingegen sehr für diese Wahl: Bulgariens Unter- und Halbwelt. In letzter Zeit häufen sich die Meldungen, dass in Untersuchungshaft einsitzende Mafiagrößen ihre Kandidatur für die Europawahl am 7. Juni oder die bulgarischen Parlamentswahlen am 5. Juli beantragt haben und zum Teil bereits zugelassen wurden. Um eine Kandidatur in Bulgarien anzumelden, muss man mindestens 10.000 Unterschriften von Unterstützern zusammenbekommen und 15.000 Leva hinterlegen. Den Anfang machten die notorischen "Galevi"-Brüder aus Dupnitza in der Nähe von Sofia, Bulgarian Alleged Mafia Boss Says No to MP Immunity und Bulgarian businessman under arrest stands for Parliament. Businessmen, oder wie man auch sagt Biznesmeni, ist natürlich in Anführungszeichen zu setzen und ein Synonym für Mafiatypen. Die "Galevis" sitzen seit gut einem halben Jahr in Untersuchungshaft. Bekannt wurden sie, weil sie praktisch den Ort beherrschen und den früheren Innenminister Rumen Petrov trafen, was später zu seinem Rücktritt führte, Bulgarien: Skandal im Innenministerium bringt ganze Regierung in Bedrängnis. Er konnte nicht glaubhaft den Grund dieses Treffens benennen. Die Abgeordneten-Immunität lockt, auch wenn sie dies bestreiten.
Wenig später erfährt das geneigte Wahlvolk, dass ein gewisser Vesselin Danov, 55, aus Varna und sein Sohn sich um eine Kandidatur bemühen, Alleged Bulgarian Racketeers Allowed to Run for Parliament. Ihnen wird Prostitution, Menschenhandel und Geldwäsche vorgeworfen. Das pikante dabei, sie saßen bereits als Abgeordnete im Stadtrat von Varna. Allerdings haben ihre Hoffnungen, das Gefängnis verlassen zu dürfen, um Wahlkampf betreiben zu können, einen Dämpfer bekommen, http://www.novinite.com/view_news.php?id=104033. Die Kandidatur hingegen wurde zugelassen.
Und dann wäre noch ein gewisser Alexander Tomov, der seit Monaten die Negativ-Schlagzeilen beherrscht. Der frühere Manager des Fussballvereins CSKA Sofia und der maroden Stahlhütte Kremikovtzi wird beschuldigt, Millionenbeträge von seinen früheren Arbeitgebern veruntreut zu haben, Bulgaria Court Postpones Tomov Trial over EP Candidature. Aufgrund seiner Kandidatur wurde der Prozess vorerst aufgeschoben. Aus Sicht von Tomov sicher ein Teilerfolg. Einen Wahlkampf zu führen, klingt ja auch viel eleganter, als fortlaufend Krankenbescheinigung einzureichen, um seine Prozessunfähigkeit zu belegen.
Zyniker würden jetzt einwenden, was soll die Aufregung, Politiker sind eh Verbrecher und das Parlament bereits voll mit Mutri, siehe auch Sportskanone aus Bulgarien. Da machen ein paar mehr oder weniger auch nicht mehr viel aus. Und ich bin mir auch nicht sicher, was mir mehr Angst macht, dass sich solche Figuren als Kandidaten aufstellen lassen können oder dass es Leute gibt, die sie auch noch wählen und unterstützen würden. Mit Sicherheit wird es die Reputation Bulgariens als korrupten Balkanstaat nicht unbedingt verbessern und die wahren Probleme des Landes nicht lösen. Das sollten die Wähler dieser Gestalten bedenken.
The trends in recruiting for 2024
vor 7 Monaten