01.10.2008

Good Bye Lenin auf bulgarisch



In dem Film Good Bye Lenin ging es darum einer glühenden Anhängerin des DDR-Regimes, die die Wende im Koma nicht mitbekam, das Leben im untergegangenen Arbeiter- und Bauernstaat vorzugaukeln. Ausländer, die sich längere Zeit in Bulgarien aufhalten, beschweren sich häufig, dass der Sozialismus bei vielen Leuten noch in den Gliedern steckt. Insbesondere wenn man es mit staatlich Beschäftigten, aber auch mit solchen die bei Banken, Post oder der BTC (bulgarische Telekom), zu tun hat. Aber nicht nur eine kommunistische Arbeitsmoral erinnert an 40 Jahre kommunistischer Herrschaft, man muss nur mit offenen Augen durch die Gegend laufen, um Überbleibsel an vergangene Zeiten zu entdecken:

1. Kommunistische Monumente:
Die kommunistische Ästethik setzte eher auf Bombastik, errichtet unter Zuhilfenahme von größeren Mengen an Stahl und Beton. Überall kann man solche Monumente entdecken. Besonders auffällig das Monument zum 1300 Jubiläum der Staatsgründung Bulgariens in Shumen. Aber auch sonst trifft man im ganzen Land auf Statuen, Flugzeuge oder Uboote in der Landschaft. Der Langzeit-Herrsche Todor Shivkov hat in seinem Geburtsort Pravetz ein Denkmal erhalten. Und das im Jahre 2001! Als hätte man Erich Honecke 12 Jahre nach der Wende in Stein verewigt...

2. Toponyme:
Oder auch Ortsnamen. Viele Viertel tragen immer noch kommunistische Propagandanamen wie Druzhba (Freundschaft) oder Mladost (Jugend). Im Nordosten heißt ein Ort immer noch Partizani. Eine ganze Stadt (Dimitrovgrad) wird immer noch nach dem ersten stalinistischen Führer Georgi Dimitrov genannt. Es ist übrigens auch als bulgarische Chalga-Hauptstadt bekannt.

3. Plattenbauten, oder auch Kompleksi:
Trotz Immobilienbooms und reger Bautätigkeit lebt die überwiegende Mehrheit der Bulgaren noch in Plattenbauten. Gerade an den äußeren Rändern der größeren Städte ziehen sich die Blocks kilometerlang. Die Mehrzahl der Wohnungen sind jedoch Eigentum der Bewohner. So kommt es, dass die Wohnungen oftmals sehr aufwändig renoviert und gut in Schuss sind, während das Treppenhaus und die Umgebung einen eher traurigen Eindruck macht. So kommt auch der Patchworkeffekt vieler Bauten zustande und die Außenfassaden sind mitunter sehr farbenfroh bemalt. Schaut man sich die Fenster genauer an, so findet man selten zwei von derselben Art.

4. Autos:
Man darf sich nicht von der S-Klassen und SUV-Schwemme blenden lassen. Nicht wenige Bulgaren fahren nach wie vor im Trabi, Moskwitch oder Lada durch die Straßen. Wer sich sogar das nicht leisten kann, bewegt sich mit Pferdefuhrwerken fort. Immerhin ein sehr ökologisches Fortbewegungsmittel.

5. Politik:
Besonders die Alten wählen noch in Scharen die BSP, die Nachfolgepartei der kommunistischen Partei. Nicht zuletzt deshalb versucht die Partei ihre Stammklientel mit Geschenken bei Laune zu halten. Im Sommer kam der Vorschlag alle Rentner auf Staatskosten Urlaub an der Schwarzmeeküste zu spendieren. Doch wie nicht selten in Bulgarien blieb es meines Wissens nach bei der Ankündigung.

P.S: Dies war der 100. Post in diesem Blog.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Wobei die Pferdefuhrwerke in Sofia doch eher zu 99% den Zigeuni gehöhren...

Die dann aber wirklich die ärmsten der Armen sind.