21.08.2008

Rusalka






Am Sonntag haben wir einen Ausflug nach Rusalka unternommen. Das ist ein Ferienressort, 70km nördlich von Varna gelegen. Vor ungefähr 40 Jahren wurde es als Club Med eröffnet befindet sich aber nun in bulgarischer Hand. Nichtsdestotrotz wird es weiterhin als "französische" Anlage bezeichnet, im Gegensatz zur "bulgarischen". Der Unterschied liegt im Preis. Während man für die bulgarische Seite nur 4 Leva Parkgebühr entrichtet, sind es bei der französischen 50 Leva. Dafür darf man auch das All-inklusive-Angebot der Anlage benutzen. Dazu zählen auch die Restaurants und Bars. Nur für importierte Getränke muss ein Aufschlag entrichtet werden. Auf dem bulgarischen Strand gibt es eigentlich nur eine kleine Budka neben dem sehr kleinen und gut belegten Strand. Bei den Franzosen stehen zwei Strände zur Verfügung, der eine ist durch einen Aquapark belegt (10Leva Aufpreis) und ein größerer zwischen malerischen Steinfelsen gelegenen. Kostenlose Liegen und Schirme stehen zur Verfügung, allerdings muss man etwas suchen bis man freie und funktionierende Liegen gefunden hat. Das Wasser allerdings war durch Plastik und toten Quallen verunreinigt. Dieser Umstand veranlasste allerdings die deutschen Touristen erstmal für Ordnung zu sorgen. Sie sammelten den Plastikmüll und entsorgten ihn in den Mülleimern. Tja, so sind sie die Deutschen. Es muss sauber und ordentlich zugehen, damit sie sich wohl fühlen können. Und sie warten nicht erst bis sich jemand darum kümmert. 

Wir haben zweimal gegessen, einmal zu Mittag und einmal zu Abend. Das Buffet war reichhaltig, es gab bulgarische Küche. Alles im Allen haben sich die 50 Leva ausgezahlt, allerdings ist Rusalka für regelmäßige Besuche zu weit weg. 

Später sind wir noch zur Muschelfarm gefahren und haben noch einige Muscheln gegessen. Nicht das wir hungrig gewesen wären, aber sie sind halt lecker...

Pozdrawi
Ivan

19.08.2008

Sevastopol Park

Vor einigen Monaten habe ich hier über den Kahlschlag in einem zentralen Park, dem Sevastopol Park geschrieben. Meine Befürchtung von damals, das an die Stelle ein protziges Biznes Center entstehen würde, hat sich nicht bewahrheitet. Stattdessen haben die Stadtväter tatsächlich den Park auf gehübscht: neue Blumenbeete wurden angelegt, die Bänke renoviert und auch die Bäumen scheinen sich erholt zu haben. 

Unbeantwortet bleibt jedoch die Frage, ob die Verantwortlichen angesichts des öffentlichen Protestes eingeknickt sind, oder ob die Erneuerung von Anfang an geplant und nur schlecht kommuniziert wurde. Bleibt zu hoffen, dass man im Rathaus das nächste Mal etwas umsichtiger agiert. 


15.08.2008

Da be da

was sich anhört wie Babysprache heißt nichts anderes als "ja, man, ja" oder besser "aber ja doch". Dieses "be" wird gerne am Ende von Sätzen oder Ausrufen  gesetzt. Sehr beliebt ist auch "stiga be" und heißt "hör auf, man!" Be ist so was wie ein Verstärker, hat aber keine eigene Bedeutung, oder semantischen Gehalt, wie der Linguist sagen würde. Ich übersetze es daher mit "man", wobei das man sehr wohl was bedeutet. Ähnlich gilt für "a mi" was am Satzanfang gesetzt wird. Es hat die Funktion vom englischen "well" und gibt dem Sprecher eine Denksekunde, bevor man den Satz ausführt.  

Ich sage immer, eine neue Sprache lernen, ist wie eine neue Welt entdecken. Zum Sprachenerwerb gehört selbstverständlich das Erlernen der Grammatik und des Vokabulars. Aber zur Verständigung gehört das gesamte Repertoire an non-verbalen und, wie soll man sagen, neben-Vokabular, wie "be" und "ami". 
Über das vom Rest der Welt abweichende Kopfschütteln für Zustimmung und Ablehnung habe ich bereits geschrieben Mittlerweile habe ich die bulgarische Variante übernommen, allerdings nicht konsequent, was manchmal Verwirrung stiftet. Eine weitere bulgarische Spezialität ist das Runterziehen der Mundwinkel beim Reden. Was woanders vielleicht als eine missmutiger oder skeptischer Gesichtsausdruck gelten würde, ist hier auch normalen und heiteren Kontexten anzutreffen. Aber auch das habe ich bereits übernommen. Angie Merkel würde sich jeden Falls hier wohl fühlen.  Genauso wie einige Handbewegungen wie mit der hoch gestreckten Hand mehrmals vor und zurück wedeln. Dies drückt aus, wenn etwas schwierig erscheint oder man skeptisch einer Sache gegenüber steht. 
Wenn Ausländer das erste Mal nach Bulgarien kommen, sagen Sie gerne: "Ja, schon nett die Leute hier, aber ein wenig unhöflich..." Das muss nicht nur an mangelnder Kinderstube liegen (aber auch), sondern kann auch einfach mit dem slavischen Sprachgebrauch zusammenhängen. Ein Beispiel aus eigenem Erleben. Als wir das Auto zur Versicherung gebracht haben, wollte die Angestellte der Versicherung Fotos des Wagens inkl. der Schlüssel auf der Motorhaube machen. Sie kam dann Richtung Fahrertür und bellte mir ein "dai mi glutsch", wortwörtlich "gib mir Schlüssel" entgegen. Kein Bitte, kein Konjunktiv, ich musste erstmal lachen. Mittlerweile habe ich aber gelernt damit umzugehen, dass hier der Sprachgebrauch auf solche Förmlichkeiten verzichtet. Gespräche am Telefon werden gerne kurz und bündig mit einem "okhajdechao" beendet, Brot mit "dai mi chleb" geordert und auch sonst Worte nur sparsam eingesetzt. Muss aber daran denken, mich wieder umzustellen, wenn ich in Deutschland bin. 

Pozdravi
Ivan

Gesegnetes Heim

Die Frage, ob die Bulgaren religiös sind, ist nicht einfach zu beantworten. 50 Jahre Kommunismus haben sicher keinen fördernden Einfluss gehabt und auch die osmanische Herrschaft machten die Religionsausübung schwierig, wenn auch die Türken eine eingeschränkte Religionsausübung duldeten. Wie sonst sind die vielen erhalten gebliebenen Klöster und Kirchen zu erklären. In den Nach-Wende Jahre waren eher andere weltliche Probleme vordringlicher. Ich habe den Eindruck, dass es jetzt wieder eine stärkere Hinwendung zur Religion gibt. Ein Gefühl, dass es auch andere Werte im Leben gibt, als nur $$$. Das Problem aber ist, das gerade bei den jüngeren Menschen auch das Wissen und die Übung zur Liturgie fehlt. So recht konnte mir noch keiner erklären, wie ein Gottesdienst nach orthodoxem Ritus verläuft. Wenn wir Kirchen und Klöster besuchen, sind sie in der Regel menschenleer. Wir zünden einige Kerzen an und gehen dann nach einigen Minuten. Die Kirchen hier sind meist dunkel und schummrig, die Wände rußgeschwärzt. An einer Seite steht ein reich verzierter Altar mir zahlreichen Ikonen. Ich mag die Stimmung in diesen Kultstätten, auch wenn sie mir fremd vorkommt. Auf der anderen Seite stehen Menschen die halbe Nacht vor der Alexander Nevski Kathedrale in Sofia, um die drei wichtigsten Ikonen des Landes zu sehen, die für drei Tage zusammengetragen wurden. Meine Schwiegereltern kamen erst nach dreistündiger Wartezeit um 3h morgens in die Kirche. Ich bin zu Hause geblieben.
Ich habe das Gefühl, dass Religion in Bulgairen vor allem auch eine identitätsstiftende Funktion ausfüllt. Man ist Bulgare und Orthodox. Nicht zuletzt den Klöstern fällt eine wichtige Rolle zur Bewahrung der bulgarischen Kultur während den langen Besatzungszeiten zu. Vor kurzem habe ich gelesen, dass das Rila Kloster sogar die Bibliothek der amerikanischen Schule in Sofia während des Kommunismus versteckt hat. Insofern würden 90% der Bulgaren behaupten, dass sie gläubig sind, aber vielleicht nicht regelmäßig zum Gottesdienst gehen.

Warum auch, man kann sich schließlich auch einen Priester nach Hause bestellen, der einem die neue Wohnung segnet. So wie wir gestern. Ein Service, der uns Westeuropäern etwas fremd erscheint. 
Dafür wird eine Tisch gedeckt mit Brot, einer Flasche Wein (für das Abendmahl), Früchten, vielen Kerzen und einem kleinen Blumenstrauß. Es werden Gebete gesprochen und aus der Bibel rezitiert. Dann müssen die Bewohner die rechte Hand übereinander legen, darauf wird ein Kreuz gelegt und der Segen gesprochen. Ich dachte einen kurzen Moment, ob er uns nicht auch gleich noch verheiratet. Aber die Ringe fehlten. Danach geht der Priester zu jedem einzelnen hin, besprenkelt den Kopf mit Weihwasser und man küsst das Kreuz. Übrigens bekreuzigt man sich mit recht ausladender Bewegung und von rechts nach links (Stirn, Brust, rechte Schulter, linke Schulter), also umgekehrt als in der katholischen Kirche. Dann wird das Abendmahl zelebriert, mit Wein und Brot. Anschließend geht man durch die Wohnräume, der Priester verteilt mit dem Blumenstrauß Weihwasser und spricht die Trinität (Gott- Vater, Gott-Sohn und Gott-Heiliger Geist). Mit einem Öl pinselt er Kreuze an die Türrahmen jedes Raumes. Sind alle Räume (und Balkon) durch, so geht man ins Wohnzimmer zurück und der Priester wünscht einem noch alles Gute für das weitere Leben.

Pozdravi
Ivan

11.08.2008

Erster Geburtstag in Bulgarien






Und wieder ein Jahr älter geworden. Aber 33 ist auch ne schöne Zahl. 
Die Poolparty war ein voller Erfolg, auch wenn leider keiner ins Wasser gesprungen ist. So gegen 20h sind die ersten Gäste gekommen und haben sich auf der Wiese neben dem Tennisplatz niedergelassen, wo wir Tische und Stühle unter einem Zelt verteilt haben. Zwei Grills und Salate aus unserem hauseigenen Restaurant sorgten für das leibliche Wohl. Das Fleisch stammte übrigens aus der Wurstfabrik von Tocho, dem Cousin von Dessys Mutter und war super lecker. Neben einigen Nachbarn und meiner bulgarischen Familie waren noch Ivo, mit Schwester und deren Freund, Svetla und Desislava, Erwin, the Dutch, Hristina, eine Studienfreundin von Dessy, alles in allem so 25 Leute. Die letzten gingen erst um 6h...

Hier einige Impressionen:


05.08.2008

Foto Ausstellung 360° Bulgaria

In Varna läuft gerade eine Open Air Fotoausstellung mit Fotos, die aus einem Ultralightflieger geschossen wurden. Sie zeigen Bulgarien von oben. Aber nicht nur die schönen Seiten, sondern auch die zunehmende Umweltverschmutzung. Hoffe die Ausstellung kann dazu beitragen, dass die Bulgaren mehr auf ihre Umwelt achten.

Fotos finden sich hier:
360° Bulgaria (weiter nach unten scrollen, um die Diashow zu sehen.)
Und hier:

Edno.bg


Pozdravi
Ivan

01.08.2008

Metallica und Lenny Kravitz in Sofia






Es ist schön, dass trotz des niedrigeren Lohnniveaus auch internationale Showgrößen den Weg nach Bulgarien finden. Dafür kann es auch mal etwas länger dauern. Metallica war das letzte Mal vor neun Jahren in Plovdiv, Lenny Kravitz gar das erste Mal in seiner immerhin 19jährigen Karriere. Sicher, Ticketpreise von 25Euro sind kein hoher Anreiz, dafür lockt ein begeisterungsfähiges und dankbares Publikum. Es macht halt schon einen Unterschied, ob man das x-te Konzert sieht, oder das erste im Land.

Ich hatte das Glück an Karten für beide Shows zu kommen (nochmals besten Dank, Nico).

Die Stimmung war bei beiden Shows großartig, die Leute sind richtig steil gegangen. Lenny kam garnicht mehr aus dem Staunen heraus und ließ sich gar dazu hinreißen zweimal zu den Fans zwecks Handshake abzusteigen. Metallica war dafür das größere Event, 50.000 Zuschauer waren es im Vasil Levski Stadium, das normalerweise nicht für Konzerte offensteht. Dazu jede Menge pyrotechnischer Effekte und Metallica, deren Lieder man auch dann kennt, wenn man kein langhaariger Metal-Fan ist.

Bei Lenny waren definitiv mehr Frauen im Publikum. Insgesamt dauerten beide Shows inkl. Zugabe gute zwei Stunden.

Ein super Wochenende also!

Pozdravi aus Varna!

Ivan